Kyoshou: Die frühen Director-Jahre 2000-2005.
Mein Vokabeltrainer „Kyoshou“ wurde ab Mitte 2000 von Asymetrix Toolbook auf Macromedia Director portiert, mit dem Fokus auf Unicode-Darstellung.
Was ist der Kyoshou und was geschah vor dem Jahr 2000?
Mitte 1998 begann ich aus privatem Interesse einen Vokabeltrainer für Japanisch zu programmieren. Ein Freund steuerte die Grafik bei, und Ende 1998 wurde die Version 1 mit zig Funktionen veröffentlicht. Im Jahr 1999 erweiterte ich den Trainer noch um Suchfunktionen und Ausdruck auf Karteikarten, und dann ging es für mich ins Auslandsjahr nach Japan.
Machbarkeitscheck mit Director 6 Anfang 2000.
Wie in meinem Japan-Blog nachzulesen ist, hatte ich ab Januar 2000 ein Laptop zu Hause, auf dem auch der Macromedia Director in Version 6 installiert war. Zwar war zu dieser Zeit schon Director 7 verfügbar (und der legendäre Director 8 schon im Pre-Sales angekündigt), aber mehr hatte ich nicht. Das reichte mir aber anscheinend schon. In der Multimediabranche war es damals schon kein Geheimnis mehr, dass Director gegenüber Toolbook viele Vorteile hatte und diese wohl schnell ausbauen würde: Er war auf grafisch ansprechende Applikationen ausgerichtet, mit tollen Animationsfähigkeiten – und man konnte für Windows und Apple-Rechner entwickeln.
Der Nachteil war die damals im Vergleich zu Toolbook rückständige Scriptsprache „Lingo“. Zwar war auch sie schon objektorientiert, aber die Syntax in Director 6 war noch sehr an die Zielgruppe „Designer mit wenig bis keiner Programmiererfahrung“ ausgerichtet und „verbos“. Um eine Grafik anzuzeigen, die in der Ebene 42 gespeichert war, musste man so etwas schreiben:
set the visibility of sprite 42 to true
Dennoch war es möglich, schon mit dieser Version ansprechende Applikationen zu programmieren. Und so entstand zwischen März und Mai 2000 die hier dargestellte Studie, in der die wichtigsten Dinge der Toolbook-Version schon funktionierten: Anhand selbst festgelegter Testeinstellungen wird eine Vokabeltestmenge berechnet und pro Vokabel konnten auch Kanjis angezeigt werden – allerdings noch als Grafik, denn auch der Macromedia Director konnte damals noch keine Unicodezeichen darstellen.
2003: Erste echte Kanji-Einbettung mit Director 8.
Anscheinend schlummerte dann die weitere Entwicklung einige Jahre lang bis Herbst 2003. Kein Wunder, denn in diesen drei Jahren passierte in meinem Leben so viel: Ich kam aus Japan zurück, entwickelte ein No-Code Authoringsystem für e-Learning Produktionen (mehr dazu irgendwann einmal), erfand die eMap, das Fotoalbum Online und weitere professionelle Software, bis ich anscheinend wieder Zeit (und Lust) fand, an meinem alten Hobbyprojekt weiter zu arbeiten.
Mittlerweile war Director 8 meine bevorzugte Entwicklungsumgebung. Sie führte viele verbesserte Funktionen ein, nicht zuletzt eine Punktsyntax, mit der das obige Beispiel so viel schneller geschrieben werden konnte:
sprite(42).visible = TRUE
Aber: Unicode konnte Director noch immer nicht, und somit auch keine Darstellung von Kanji als Text… wirklich? Nachdem ich meine Wurzeln in der Demoszene habe, bei der es immer darum ging, mit Tricks Unmögliches zu ermöglichen, war das eher eine Herausforderung. Und ich schaffte es. Wie genau, spielt hier keine Rolle, aber es war ein Hin-und-Her zwischen dynamischem Textaustausch auf Dateiebene, Javascript und der Einbettung von HTML-Seiten in einem Web-Xtra. Von dieser Version im Oktober 2003 gibt es in der Director 8 Version nur eine nennenswerte Maske; es war eher ein Proof-of-Concept für mich.
2005: Kurz vor erneuter Veröffentlichung.
Dann lag das Projekt anscheinend wieder 1,5 Jahre brach, wie es aussieht. Im Mai 2005 – inzwischen umgestiegen auf Director MX 2004 – ging es erst wieder weiter. Was bereits mit der letzten Version erfolgreich getestet wurde, fand hier seine Fortsetzung, nämlich eine konsequente Ausrichtung auf „echte“ Kanji-Darstellung.
Wie man links sehen kann, wurde die Version von 2003 deutlich weiter entwickelt, und alle Funktionen der in Teil I und Teil II beschriebenen ursprünglichen Version von 1998/99 standen erneut zur Verfügung – sogar mit neuen Features: Eine Radikal-Anzeige war integriert, und (im Screenshot nicht zu erkennen) es gab einen Modus, bei dem man einfach nur durch die Vokabeln durchblätterte, ohne Test.
Die Test-Optionen wurden fast komplett von der ursprünglichen Version übernommen, und dafür hatte ich sogar die alten Grafiken wieder herausgekramt. Entfallen ist die Angabe einer Fehlertoleranz bei Freitexteingabe, denn das hatte auch damals im Grunde nie so richtig funktioniert.
Neue Datenbank-Funktionen.
Was mächtig aufgebohrt wurde, waren die Datenbank-Funktionen. Natürlich konnte man Datenbanken laden, und man konnte gezielt neue Datenbanken erschaffen, indem man nur diejenigen speicherte, die man gerade falsch beantwortete, oder korrekt – oder alle Vokabeln der aktuellen Testmenge.
Daneben konnte man beliebige viele Datenbanken zu einer neuen Datenbank vereinen, und in diesem Zuge auch einen Namen und eine Beschreibung vergeben.
Die Editiermaske war recht voll mit Feldern, denn viele Eigenschaften konnten einer Vokabel zugeordnet werden: Welcher Typ, wie viele Striche, die Lesungen, ob es eine Vokabel in Katakana-Schreibweise ist – und welches Radikal der Vokabel zugeordnet ist. Dabei orientierte ich mich an der Notation des Japanischen Großwörterbuch von Langenscheid, und auch die Klassifikation nach Nelson konnte berücksichtigt werden.
Drolligerweise gab es keinen Button „Neue Datenbank erstellen“. Dafür konnte man aber eine leere Datenbank laden und diese unter einem neuen Namen abspeichern.
Suchen, Drucken und Updates.
Die Suchmöglichkeiten waren vergleichbar mit denen der ursprünglichen Version von 1998/99. Man konnte nach Deutsch, Kun-Lesung, On-Lesung und Anzahl der Striche suchen Neu hinzugekommen waren Suchmöglichkeiten nach Hadamitzky und Nelson.
Der Ausdruck der Karteikarten war ebenfalls vergleichbar mit der damaligen Version, aber alle Optionen wurden nun auf einer einzigen Maske angezeigt, was die Übersichtlichkeit verbesserte. Außerdem wurde eine Vorschau integriert. Dafür bettete ich ein PDF-Dokument in die Applikation ein, die automatisch mit den Daten der Vokabeln aktualisiert wurde.
Und man sah, wie sich das Internet in den 5 Jahren davor verändert hatte, denn die Registrierung sollte nun ausschließlich per Mail geschehen (anstatt Briefpost), und es waren Funktionen vorbereitet, die Online prüfen konnten, ob Updates der Applikation oder der Datenbanken verfügbar waren.
Diese Version war, soweit ich es bei meinem Rückblick 2025 (20 Jahre später!!!) bewerten konnte, in den vorhandenen Funktionen anscheinend bereits fehlerfrei, aber es fehlte wie man sehen kann noch die Oberflächengrafik, und einige wenige Nebenfunktionen. Dennoch wurde auch diese Version nicht offiziell veröffentlicht – andere Projekte kamen dazwischen.










Wie ging es mit dem Kyoshou weiter?
Zu dieser Zeit programmierte ich sehr viel mit PHP: Die eMap hatte ich ebenfalls 2005 von Director bzw. dessen Online-Pendant „Shockwave“ nach PHP portiert, und daher wollte ich auch den Kyoshou in PHP realisieren. Und darüber werde ich in der nächsten Folge sprechen.
Wer so lange nicht warten möchte: Es gibt ein Happy End, denn ich konnte spätere Fassungen meines Vokabeltrainers erfolgreich verkaufen – allerdings nie für Japanisch….
Artikelserie „Mein Vokabeltrainer“.
Geplant war anfangs nur ein nostalgischer Artikel über die Geburt meines Vokabeltrainers 1998. Jedoch stellte sich bald heraus, dass nur ein Artikel nicht ausreichen wird: Bis in die 2010er Jahre hinein wurde er stetig weiterentwickelt und für verschiedenste Zielgruppen auch kommerziell vertrieben. Irgendwann kam sogar ein Modul für „echte“ Klausurfragen hinzu, das unter Zeitvorgabe mit einem Zertifikatsdruck enden konnte. Bei der Aufbereitung war ich selbst überrascht, in wie vielen Varianten er über die Zeit veröffentlicht wurde. Definitiv das wichtigste Produkt, das ich bislang veröffentlicht habe.
Hier ist die Übersicht aller in dieser Serie erschienenen Artikel:







2 Antworten
[…] Kyoshou: Die frühen Director-Jahre 2000-2005. […]
[…] Kyoshou: Die frühen Director-Jahre 2000-2005. […]