Videorecorder im Jahr 1979.

Die Stiftung Warentest hatte in Ausgabe 7/79 unter anderem Videorecorder für die Formate VHS, VCR, SVR und Betamax getestet – kennt ihr diese Formate überhaupt alle?

Fernsehen aus der Konserve.

Videorecorder 1979.
Videorecorder 1979.

So war der Testbericht betitelt, und gleich die ersten beiden Sätze brachten die damalige Situation auf den Punkt: „Vier Video-Systeme, die untereinander nicht austauschbar sind, konkurrieren auf dem Markt. Dieser System-Wirrwarr erschwert dem Käufer die Wahl.“ Diejenigen, die nach 2000 geboren sind, schütteln vielleicht schon ratlos den Kopf, was ein Videorekorder ist – diesen würde ich empfehlen, den gleichnamigen Artikel in der Wikipedia zu lesen. (Oder ihre Eltern und Großeltern zu fragen.)

In den Jahren nach diesem Testbericht fand dann auch der berühmte Formatkrieg statt, bei dem sich am Ende VHS durchsetzte. Nicht unbedingt das qualitativ beste Format, aber das gewinnt eben nicht immer. In jüngerer Zeit fand ein ähnlicher Formatkrieg zwischen der HD-DVD und der Blu-Ray statt, an den sich wahrscheinlich wesentlich mehr erinnern können.

Videorecorder 1979 – ein Exot im Wohnzimmer.

4 unterschiedliche Videosysteme 1979.
4 unterschiedliche Videosysteme 1979.

Im Jahr 1978 wurden laut dem Artikel etwa 80.000 Videorecorder in (West-)Deutschland verkauft, und für 1979 erwarteten „optimistische Marktstrategen einen Absatz von 150.000 Geräten.“ Überschlägig stand also im Jahr 1979 vielleicht in einem von Hundert Haushalten so ein Gerät, und entsprechend aufmerksam wurde es begutachtet. Mitte der 1980er Jahre war es mit dieser Sonderstellung schon vorbei, da gehörten sie schon zum normalen Bild unter den Fernsehern – nachdem klar war, dass VHS der Standard wird.

1979 sah das wie gesagt anders aus: VHS gab es seit 1976, aber auch Betamax (1975) von Sony, VCR (1971) von Philips – und SVR (1978) von Grundig. Diese Formate wurden getestet, und ein fünftes System von BASF, nämlich LVR (Longitudinal-Video-Recording) wurde für 1980 angekündigt – es erschien aber nie. 1979 wurde auf der IFA das System Video 2000 vorgestellt, das VCR und SVR ablöste – und ebenfalls wenige Jahre später aus den Regalen verschwand.

Das Killerfeature war: Die Programmierung einer Aufnahme für eine bestimmte Uhrzeit und einen bestimmten Tag. Anscheinend aber nur eine Aufnahme: „Mit Hilfe einer eingebauten Schaltuhr kann er für eine bestimmte Sendung programmiert werden (bei manchen Geräten acht oder zehn Tage voraus) und diese dann während der Abwesenheit aufnehmen.“

Gesalzene Preise für Early Adopters.

Eine SVC 3 Kassette für Grundig SVR.
Eine SVC 3 Kassette für Grundig SVR.

Wer damals mit dabei sein wollte, der musste tief in die Tasche greifen. Die getesteten Geräte lagen zwischen 2.000 und 2.600 DM (mittlerer Ladenpreis). Das wären 2025 zwischen 2.800 und 3.600 Euro – und ich denke mal, niemand würde für einen Blu-Ray Recorder mehr als 200 Euro ausgeben heutzutage. Daher ist es aus heutiger Sicht verständlich, dass sich viele in Kaufzurückhaltung übten, bis ein klarer Gewinner feststand, und dann auch die Preise fielen.

Das galt nicht nur für die Recorder, sondern auch für Kauffilme, wie im Artikel zu lesen war: „Das Angebot (Spiel-, Kinder-, Dokumentar- und Sexfilme) ist allerdings noch etwas dürftig, und die Preise sind horrend: Sie liegen je nach Filmlänge zwischen 200 und 400 Mark.“ Man stelle sich vor, eine DVD oder eine Blu-Ray würde im Laden heutzutage 300 Euro kosten…

Mein Großvater war jedenfalls ein solcher Early Adopter. Wir haben auch heute noch jede Menge SVC-Videokassetten wie hier abgebildet, davon sogar mindestens eine in ungeöffneter Originalverpackung. Laut Etikett Aufnahmen von 1985, aber da zu dieser Zeit das SVR-System bereits nicht mehr zu kaufen war, gibt es irgendwo sicherlich auch Aufnahmen um 1980. Leider habe ich bislang noch kein Abspielgerät gefunden, aber wer weiß.

Komfort-Features der Videorecorder 1979.

Sehr skurril aus der Sicht der 2020er Jahre ist natürlich, wie rudimentär, karg und unpraktisch die Erstellung des eigentlichen Killerfeatures, nämlich der Programmierung einer Aufnahme war. Auch ich kann mich noch erinnern, wie ich als Kind so meine Mühe hatte. Ich möchte diesen Artikel daher mit einem längeren Zitat aus der Stiftung Warentest 7/79 enden, der schön beschreibt, was damals Normalität war:

„Sehr unterschiedlich in der Einstellung, Programmierzeit und Aufnahmedauer sind die Schaltuhren. Bei allen Recordern läßt sich die Dauer der Aufnahme, also auch die Abschaltzeit programmieren, ausgenommen das JVC-Modell, das nach dem automatischen Start bis zum Bandende durchläuft. Bei den Geräten von Philips, Sanyo und Sony ist die Aufnahmedauer auf ein oder zwei Stunden begrenzt, doch besteht auch die Möglichkeit, bis zum Kassettenende aufzuzeichenen. Inzwischen wurden die Funktionen der Schaltuhr bei vielen Modellen erweitert. So bietet jetzt JVC zum Beispiel ein Nachfolgemodell (HR 3330 EG) an, mit dessen Schaltuhr die Ein- und Abschaltzeit bis zu acht Tagen vorgewählt werden kann. Grundig brachte als erster Hersteller einen Videorecorder auf den deutschen Markt, bei dem zwei verschiedene Aufnahme-Schaltzeiten programmierbar sind. Außerdem läßt sich die jeweilige Programmstellung beliebig wählen. Das bedeutet: Es kann beispielsweise am Montag eine Sendung um 21 Uhr im ersten Programm und dienstags eine Sendung um 23 Uhr im dritten aufgezeichnet werden. Alle anderen Recorder können das noch nicht.“

Videorecorder-Preise 1979.
Videorecorder-Preise 1979.

Quelle: Bilder und Textauszüge wurden dem Magazin Stiftung Warentest, Ausgabe 7/79 entnommen, lfd. Seite 588 – 594.

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